von Julia

Für den queer History Month wollte ich die Geschichte der bisherigen Personenstandsänderung in Österreich durchgehen.

Da der Verein transx hierzu schon eine sehr gute Zusammenfassung mit hinterlegten Quellen ausgearbeitet hat, hielt ich es gut, mich hauptsächlich darauf zu stützen und selber dazu zu kommentieren. Meine Kommentare sind im Kursiv dazu geschrieben. Nun zum Thema:

Wusstet ihr, dass…

es in Österreich seit dem Personenstandsgesetzes von 1983 möglich ist, den eigenen Geschlechtseintrag zu ändern. Die Bedingungen für die Änderung regelte der sogenannte “Transsexuellenerlass”. Dieser Erlass setzte als Voraussetzung für die Personenstandsänderung ein Gutachten des Instituts für Gerichtsmedizin der Universität Wien voraus.

Dieses Gutachten musste folgende Sachen erweisen:

  • Punkt 1: Die antragstellende Person musste längere Zeit unter der ”zwanghaften Vorstellung” gelebt haben, dem anderen Geschlecht zuzugehören, was sie dazu veranlasst, sich geschlechtskorrigierender Maßnahmen zu unterziehen.
  • Punkt 2: Die Person musste Maßnahmen durchgeführt haben, welche zur deutlichen äußerlichen Änderung an das andere Geschlecht führen.
  • Punkt 3: Dass sich mit hoher Wahrscheinlichkeit das Zugehörungsempfinden zum anderen Geschlecht nicht mehr ändern wird.

Als aller erstes: Transsexualität ist ein veralteter Begriff, trans* sein hat nichts mit der Sexualität zu tun.

Zu Punkt 1: Allein schon die Formulierung “zwanghafte Vorstellung” klingt hier schon sehr pathologisierend. Weiters wird dieser Begriff auch nicht näher erläutert. Was ist zwanghaft und was nicht? Ab wann ist was zwanghaft?

Zu Punkt 2: Man merkt hier, dass die Formulierung hier sehr schwammig ist, und diese wird auch nicht näher definiert oder erläutert. Dies führt dazu, dass die Definition je nach Person unterschiedlich ausgelegt werden kann.

Das führte zu Folgendem:

Im Erlass wurde weder Sterilität (anders als das deutsche Transsexuellengesetz zu der Zeit), noch operative Eingriffe gefordert.

Allerdings setzte die damalige dafür zuständige Person auf dem gerichtsmedizinischen Institut (deren Name möchte ich an dieser Stelle nicht erwähnen) für die Bestätigung von Punkt 2 willkürlich, ohne rechtliche Grundlage, genitalanpassende Operationen voraus.

Von trans Frauen forderte sie die Entfernung des Penis und der Hoden, die Bildung einer Neovagina und Neoclitoris, nicht aber einen Brustaufbau.

Trans Männer wurden zur Entfernung der Gebärmutter, der Eierstöcke und der Brüste gezwungen. Ein Penisaufbau wurde ihnen nicht abverlangt.

Hier sieht man wieder einen klassischen Fall transphober Gewalt in der eine cis (also nicht trans) Person über Schicksale von trans Personen entschied.

So, das waren die Bedingungen zum Gutachten.

Weiters wurde im “Transsexuellenerlass” von 1983 festgelegt, dass die antragstellende Person die Kosten für das Gutachten selber übernehmen muss und dass eine BESTEHENDE EHE bei Personenstandsänderung ANNULLIERT wird.

1996 wurde die Regelung geändert: Ab da wurde verlangt, dass die antragstellende Person NICHT VERHEIRATET IST. Ansonsten konnte sie die Änderung nicht machen.

2006 hob der Verfassungsgerichtshof den “Transsexuellenerlass” auf. Er gab damit der Beschwerde von Sandra H. recht, der eine Personenstandsänderung aufgrund ihrer bestehenden Ehe verwehrt wurde.

Das Innenministerium stellte danach trotzdem nur Heiratsurkunden für “Mann” und “Frau” aus. Damit wurde der Geschlechtswechsel eines Partners offengelegt.

Diese Praxis wurde erst 2010 durch den Prozess von Michelle B. vom Verwaltungsgerichtshof gestoppt.

Seitdem werden pseudo-geschlechtsneutrale Heiratsurkunden ausgestellt. In diesen wird zuerst der (ehem.) Mann und die (ehem.) Frau genannt.

Nun gab es nach der Aufhebung vom “Transsexuellenerlass” keine definitive Regelung.

2007 wurde den Standesämtern von damaligen Innenminister Günther Platter in einer internen Weisung vorgeschrieben, dass Personenstandsänderungen zu genehmigen seien, wenn “ein psychotherapeutisches Gutachten UND DER BEFUND DER GESCHLECHTSANPASSENDEN OPERATION vorliegen.

Die Behörden setzten dann diesen Operationszwang um, wobei bis 2009 nicht definiert war, was überhaupt operiert werden musste. Dies wurde erst 2009 durch das BMI festgelegt.

2009 fochte Michaela P. diese Praxis an und der Verfassungsgerichtshof kippte dann den Operationszwang.

Trotz des höchst gerichtlichen Urteils zur Kippung des Operationszwang wurde die Personenstandsänderung von Michaela P. abgelehnt.

Ende 2009 wurde in einem anderen Verfahren die Personenstandsänderung von Monique D. (unter Berufung auf das BMI-Schreiben von 2007) ebenfalls abgelehnt, obwohl dies seitens des Verfassungsgerichtshofes nicht mehr rechtens war.

Erst nach intensiver Öffentlichkeitsarbeit und Amtsmissbrauchs Beschwerden seitens der beiden trans Frauen wurden die beiden Personenstandsänderungen bestätigt.

2010 hat das BMI endlich die Erlässe zwischen 2007 und 2010 aufgehoben. Mit demselben Schreiben wurde die Kompetenz für die Personenstandsänderung an die Länder übertragen.

Was wir eindeutig anhand der Historie sehen können, ist, dass trans Menschen willkürlich und komplett frei von Logik gesetzlich eingeschränkt und behindert wurden und werden.

Die Gesetze wurden und werden von cis Menschen geschrieben, die oftmals keinerlei Expertise dazu besitzen, wie es ist trans zu sein und welche Hürden das mit sich bringt.

Keine Lockerung kam von allein, sondern musste vor Oberstem Gericht eingeklagt werden.

Deshalb müssen wir weiterhin für Aufmerksamkeit sorgen und für unsere Rechte einstehen!

Alle Rechte, die wir heute haben, verdanken wir den Kämpfenden vor uns, und es ist unsere Pflicht, für die, die nach uns kommen, diese Rechte zu erhalten und zu verbessern!

Alerta Alerta Queerfeminista!